Der Cultural Assimilator1

(Andreas Ohlemacher)

Einleitung

Das Referat behandelt die Fragen:

Begriff

Die Cultural Assimilator Technique kann wörtlich als "Kulturelle Anpassungsmethode" übersetzt werden. Da allerdings die Assimilation an die Zielkultur nicht das Ziel der Methode ist (vgl. u.), ist die Übersetzung "Methode zur kulturellen Sensibilisierung" vorzuziehen.2

Grundvoraussetzungen

Die Cultural Assimilator Technique wird bei der Begegnung genau zweier Kulturen, auch gesellschaftlicher Subkulturen, eingesetzt; der jeweilige Assimilator ist für die Mitglieder einer der beiden Kulturen, die der anderen begegnen, geschrieben. Da es sich beim Cultural Assimilator um ein in verbalisierter Form als Buch vorliegendes Instrument handelt, ist die einzige verbindliche Voraussetzung zur Nutzung dieses Instrumentes die Alphabetisiertheit des Lerners in der Sprache, in der der Assimilator verfaßt ist.

Einstiegsbeispiel

Man stelle sich vor, man habe als Europäer in Brasilien einen brasilianischen Freund angerufen, z. B. um eine Termininformation zu erfragen. Da man unter einem gewissen Zeitdruck steht, beendet man das Telefonat, nachdem man die Information erhalten hat, allerdings nicht, ohne sich - wie sonst auch immer - verabschiedet zu haben. Bei der nächsten Begegnung wird man von dem Bekannten mit einer gewissen Kühle behandelt und merkt, daß der andere verstimmt ist. Warum?3

Was ist ein Cultural Assimilator?

Ein Cultural Assimilator ist ein Buch mit Text. Dieses Buch stellt eine Reihe typischer Situationen aus Begegnungen eines Mitglieds einer Kultur mit Mitgliedern einer anderen Kultur dar. Diese Situationen sind für das Mitglied der Ausgangskultur konfliktreich, verwirrend oder leicht mißzudeuten; mit adäquatem Wissen über die Zielkultur aber eindeutig zu interpretieren.

Jeder Situation sind - in der Regel vier - Interpretationsvorgaben beigegeben. Eine Interpretationsweise ist die der Zielkultur, die anderen sind typische, von der erstgenannten abweichende Interpretationsweisen aus der Kultur des Lerners.

Diese Interpretationen können in ihrem Schwerpunkt von Gedanken oder Gefühlen oder Verhaltensmustern der an der Situation beteiligten Personen her erstellt sein.

Den Antworten sind Verweisseiten beigegeben; der Lerner wählt die Antwort aus, die ihm als aus der Zielkultur stammend erscheint, blättert zur entsprechenden Seite und findet dort Bestätigung oder Nicht-Bestätigung seiner Wahl und zusätzliche Information, die - besonders bei der richtigen Wahl - den der Situation zugrundeliegenden Kulturstandard4 näher erläutert. War die Wahl falsch, wird er zur Ausgangssituation zurück-, bei richtiger Wahl zur nächsten Situation weiterverwiesen.

Die Situationen sind nach Kategorien (z. B. Bereich der Gastfreundschaft) mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad der Interpretation und ansteigender Spezialisierung geordnet (vgl. u.).

Ein kurzer Blick auf Ziel, Hintergrund und Entstehung der Methode

Über Kognition sollen neben die eigenen Interpretationsmuster des Lerners für Verhalten und Handlungen die der Menschen der Zielkultur gestellt und zur zweckmäßigen Anwendung auf Situationen bei einer realen Begegnung vorbereitet werden, "um ... Ziele und Bedürfnisse sicherer, schneller, mit weniger Aufwand"5 erreichen zu können.

Dabei wird davon ausgegangen, daß Menschen Umwelteindrücke gemäß kulturell geprägten Konzepten6 wahrnehmen (auswählen), interpretieren, beurteilen und darauf reagieren.

Ziel ist nicht das Aufgeben der eigenen Standards, sondern das Erlernen einer fremden Kultur7 aus typischen Situationen und den aus ihnen ableitbaren Kulturstandards zur Vorbereitung auf konkrete Begegnungen mit Menschen einer fremden Kultur in deren oder im eigenen Kontext (z. B. Land).

Die Cultural Assimilator Technique entstand 1966 aus einer kommunikationswissenschaftlichen Studie an der Universität Illinois (USA); dieser erste Assimilator beschäftigte sich mit arabischer Kultur. Es ist für die praktische Zielsetzung dieser Methode interkulturellen Trainings bezeichnend, daß ihre Entwicklung im Forschungsbereich interkultureller Kommunikation begann. An der Universität Illinois werden immer noch dier meisten Cultural-Assimilators entwickelt. Der (vermutlich) neueste Cultural Assimilator ist zugleich der erste, der auf Deutsche als Lerner zugeschnitten ist, das "Interkulturelle Orientierungstraining für die USA" von Andrea Müller und Alexander Thomas (Stuttgart 1991). Cultural Assimilators gibt es für eine Vielzahl verschiedener Gebiete internationaler und intranationaler (auf die USA bezogener) kultureller Begegnung; die weit überwiegende Zahl entstand in den USA.8 Sie decken Themen wie den Studentenaustausch, die Armee, den Umgang mit Unterprivilegierten in der US-Gesellschaft u. v. m. ab.

Wie wird ein Cultural Assimilator erstellt?9

Die Erstellung eines Cultural Assimilators läßt sich grob in fünf Phasen einteilen:
 
  I   Sammlung von Situationen

 II   Auswahl von Situationen

III   Sammlung von Attributionen

IV  Auswahl von Attributionen

 V  Erstellung des Cultural Assimilators

Alle Zwischenergebnisse sollten mit Menschen aus den beiden jeweils betroffenen Kulturen und von Experten10 überprüft werden; unerläßlich für die Entwicklung eines Assimilators ist also der Zugang und die Kenntnis möglichst vieler Menschen beider in Frage kommenden Kulturen. Parallel zu den beiden Sammel- und Auswahlprozessen muß eine Sammlung genereller Informationen zur Kultur des Ziellandes stattfinden; diese Informationen werden im letzten Teil des Erstellungsprozesses mit dem anderen Material verwoben (s. u.).

Da der Erstellungsprozeß Wesentliches über den Charakter und die Qualität dieses Instrumentes interkulturellen Trainings deutlich werden läßt, werden die einzelnen Schritte im folgenden kurz beschrieben.

I Situationen sammeln

In einem ersten Schritt werden möglichst viele möglichst geeignete Situationen gesammelt. Zunächst ist eine geeignete Situation "jede beobachtbare menschliche Aktivität, die genügend vollständig ist, um Folgerungen und Vorhersagen über die handelnde Person zu erlauben"11, wobei vorher festzulegen ist, welche Kulturen einander begegnen werden und welche Kultur in welcher Rolle dargestellt werden wird (Lernerkultur, Zielkultur)12. Die Situationen sollen aus den Begegnungen dieser beiden Kulturen stammen.

Zur Erhebung der Situationen gibt es verschiedene Möglichkeiten, die letztlich alle auf der Critical Incident Analysis beruhen: Die Situationen, die - gegebenenfalls leicht standardisiert - aufgeschrieben werden, können eigener und fremder kompetenter Erfahrung entstammen, aus Fragebögen, Tiefen-Interviews, Gruppendiskussionen und der Literatur13 gewonnen werden. Bei Personenbefragungen und Diskussionen ist unbedingt der Gesprächsrahmen festzuhalten, um bei den Auswertungs- und Auswahlschritten im folgenden aus den Situationen resultierende Verzerrungen erkennen und beseitigen zu können.

Sinnvoll ist es, "Attributionen", erklärende oder deutende Aussagen über die Situationen festzuhalten, auch wenn sie erst in einem späteren Schritt systematisch be- und erarbeitet werden.

II Situationen auswählen

Aus der Sammlung von Situationen, die man selber oder Mitarbeiter erhoben haben14, wird Unsinniges und Ungenaues gestrichen und Gleiches zusammengefaßt, vielleicht in den Formulierungen leicht gestrafft. Die übrig bleibenden Situationen sollten von Experten überarbeitet werden.

Die so gewonnenen Situationsbeschreibungen müssen genau, glaubwürdig und spannend dargestellt sein, um zukünftige Lerner als Leser interessiert zu halten.

III Attributionen sammeln

Interpretationsmöglichkeiten zu den gesammelten Situationen erhält man am besten auf zwei Wegen: Einerseits sollte man selber Fragen an die Situationen stellen und aus den möglichen Antworten auf diese Fragen Deutungsmöglichkeiten sammeln. Die Fragen können auf den affektiven, den kognitiven und auch den Verhaltensbereich zielen.

Andererseits ist es sinnvoll, die Situationen Mitgliedern beider betroffener Kulturen vorzulegen und von ihnen Deutungen anbringen zu lassen. Zusätzlich können Erklärungsmöglichkeiten aus der Literatur herangezogen werden. Die einzelnen Situationen und die ihnen jeweils zugeschriebenen Deutungsmöglichkeiten sollten getrennt nach den Deutungen der Mitglieder je einer Kultur festgehalten werden.

IV Attributionen auswählen

Wieder muß zunächst Absurdes und Unsinniges herausgefiltert werden. Gleichzeitig müssen Situationen, die von Mitgliedern beider Kulturen gleich gedeutet wurden, herausfallen, da der Cultural Assimilator auf das Lernen an der Differenz abzielt (dazu vgl. u.).

Die verbliebenen Antworten werden nach Kulturen gruppiert den jeweiligen Situationen zugeordnet; dabei sollen in der Regel drei Deutungen aus der Kultur des zukünftigen Lerners und eine Deutung aus der Zielkultur kommen.

Die drei wichtigsten Maßstäbe der endgültigen Situationsauswahl sind

Insgesamt muß damit gerechnet werden, daß von den zu Anfang gesammelten Situationen die Hälfte bis zwei Drittel als ungeeignet aussortiert werden müssen.

V Assimilator erstellen

Die übrig gebliebenen Situationen werden grob nach Kategorien (z. B. Gastfreundschaft, Begrüßungsriten), innerhalb der Kategorien nach ansteigendem Schwierigkeitsgrad der Interpretation und die Kategorien innerhalb des Buches nach zunehmender Spezialisierung geordnet. Zu den Attributionen werden die Verweise und Reaktionen geornet; in die Reaktionen werden die zusätzlichen relevanten Informationen (vgl. o.), die aus den Befragungsergebnissen, Literatur und eigener Erfahrung gewonnen sein können, eingefügt. Am Schluß liegt der Cultural Assimilator als ein programmiertes Lehrbuch vor.

Einordnung der Cultural Assimilator Technique in die Kurs-Kategorien

Die einordnung der Cultural Assimilator Technique in die im Blockseminar verwandten Kategorien sind dem Anhang zu entnehmen.

Welche Vor- und Nachteile weist die Cultural Assimilator Technique als Instrument interkulturellen Trainings auf?15

Grundsätzliche Vorteile des Assimilators sind Bei Albert (S. 200-211) sind die vierzehn zur Erscheinungszeit des Aufsatzes vorliegenden Studien über die einzelnen Assimilators dargestellt. Aus ihnen wird - sehr grob zusammengefaßt - deutlich, daß sich für die jeweiligen Zielgruppen durch den Einsatz der Cultural Assimilator Technique nicht unbedingt die Sach-, wohl aber die Sozialkompetenz verbessert hat: Die verschiedenkulturellen Gruppen konnten in angenehmerer Atmosphäre und mit mehr Verständnis füreinander miteinander umgehen als die meisten Vergleichsgruppen. (Hier wurden auch Qualitätsunterschiede zwischen den Assimilators deutlich, bei deren Bewertung allerdings der Schweregrad der Zielsituation berücksichtigt werden muß.) Teilweise verbesserte sich auch die Selbstkompetenz der Teilnehmer dahingehend, daß sie sich der Situation besser gewachsen fühlten, Angst und Unsicherheit reduziert waren. Innerhalb der Lerndurchgänge wurde von der ersten bis zur letzten situation stets eine deutliche Verbesserung der Ergebnisse ("Trefferquote" bei der Antwortwahl) festgestellt.

Allerdings sind auch wesentliche Nachteile festzustellen:

Insgesamt erscheint die Cultural Assimilator Technique, da sie relativ bewährt und erforscht ist, vielfältige und erweiterbare Anwendungsmöglichkeiten bietet und selber den Rahmen iherer Anwendbarkeit genau bestimmt trotz aller Nachteile als eine sehr geeignete Methode interkulturellen Trainings.

Schlußbeispiel

Das abschließende Beispiel wurde Müller/Thomas, S. 77 f (und Auswertungsseiten S. 87 f) entnommen und ist dem ausformulierten Referat im Anhang beigegeben.

Literatur

Abert, Rosita Daskal: The Intercultural Sensitizer or Culture Assimilator: A Cognitive Approach. In: Laudis/Brislin: Handbook of Intercultural Training; Band 2, New York u. a. 1983, S. 186-217.

Dadder, Rita: Interkulturelle Orientierung: Analyse ausgewählter Interkultureller Trainingsprogramme, Kap. 2.2: Der Kultur-Assimilator, Saarbrücken u. a. 1987, S. 74-81.

Müller, Andrea/Thomas, Alexander: Interkulturelles Orientierungstraining für die USA: Übungsmaterial zur Vorbereitung auf ein Studium in den Vereinigten Staaten, Saarbrücken u. a. 1991 (S. 7-13 als Einführung).

Porter, Richard E./Samovar, Larry A.: Approaching Intercultural Communication. In: dies.: Intercultural Communication. A Reader, Belmont, CA 1983, S. 15-30.

Sandhaas, Bernd: Models, Methods and Basic Elements of Intercultural Learning - An Educational Approach. In: Peter Funke: Understanding the USA. A Cross-Cultural Perspektive, Tübingen 1987.

ANHÄNGE

Kurs-Matrizes

Matrix zur Klassifikation und Bewertung von Methoden

                     (nach Sandhaas 1992)

 
Methode
Kriterium  CAT
INHALTSBEREICH kulturunspezifisch 
kulturspezifisch 
LERNZIELBEREICH kognitiv 
affektiv 
motorisch
evtl. von den Interpretationen her
LERNFORM didaktisch 
expertentiell
ERWARTETES LERNERVERHALTEN passiv 
aktiv 
unbekannt 
selbstentdeckend
Info-Anteile 
 
 

Reflektion auf eigene Kultur

GRAD DES FEHLVER- 
HALTENSRISIKOS/DER ENTHÜLLUNG
nieder 
mittel 
hoch 
nur sich selbst gegenüber
AUSMAß DES  LERNEFFEKTS begrenzt aber gesichert
ZEITBEDARF 2-6 h
TEILNEHMERZAHL auch für Gruppen anwendbar
LERNERGRUPPE monokulturell 
multikulturell 
 
 

Intercultural Learning Continuum

 
Culture/Ethnic Groups  CAT
Ethnocentrism beseitigt/ problematisiert 
Awareness entwickelt 
Understanding fraglich
Acceptance/respect Ziel, nicht sicher
Acceptance/valuing Ziel, nicht sicher
Selective Adoption unbestätigt 
Assimilation nicht Ziel
Adaptation (Ziel) 
Biculturalism Ziel
Multiculturalism nicht Ziel 
 

Schlußbeispiel aus Müller/Thomas

"Sylvia und Chris, ihr amerikanischer Mitbewohner, bastelten ziemlich viel zusammen an ihren Autos. Eines Tages stellte Sylvia fest, daß sie die Zündkerzen wechseln mußte. Da sie dies noch nie gemacht hatte und deshalb überhaupt keine Ahnung hatte, wie das ging, fragte sie Chris, ob sie das mal zusammen erledigen könnten. Sylvia wollte gerne mit Chris einen Zeitpunkt ausmachen, wann sie den Zündkerzenwechsel durchführen könnten, doch es gelang ihr nicht, Chris auf einen bestimmten Tag festzulegen. Sylvia schlug einige Male einen Tag vor, an dem Chris auch meinte, daß es bei ihm wahrscheinlich klappen könnte. Doch an dem betreffenden Tag war Chris meist gar nicht da oder er hatte doch keine Zeit. Ein paar Tage später trafen sich beide zufällig am Nachmittag vor der Garage und stellten fest, daß jetzt jeder Zeit für die Reparatur hätte. Chris wechselte daraufhin sofort mit Sylvia die Zündkerzen.

Überlegen Sie bitte, warum es nie geklappt haben könnte, mit Chris einen Zeitpunkt zum Zündkerzenwechseln zu vereinbaren!

(1) Chris wollte mit Sylvia keinen Termin vereinbaren, weil er eigentlich keine Lust hatte, die Zündkerzen zu wechseln.

(2) Chris hatte viel um die Ohren und wollte sich daher zeitlich nicht festlegen, um sich in seinen Zeitplänen nicht noch mehr als notwendig nach anderen richten zu müssen.

(3) Christ liebte es, in den Tag hinein zu leben und nicht alles im voraus zu planen.

(4) Da in den USA auf Selbständigkieit großer Wert gelegt wird, dachte Chris, daß Sylvia ruhig erst einmal selber versuchen sollte, die Zündkerzen zu wechseln. ...

zu Antwort 1:

Das kann zwar im Einzelfall durchaus verkommen, im allgemeinen gelten jedoch Amerikaner nicht zu Unrecht als sehr hilfsbereit.
In diesem Fall gibt es eine allgemeingültigere Erklärung. ...

zu Antwort 2:

Hier haben Sie die bestmögliche Erklärung gewählt.
Es wird damit genau das Bedürfnis der Amerikaner nach Unabhängigkeit angesprochen.  Amerikaner sind bemüht, soziale Verpflichtungen so gering wie möglich zu halten, um weitgehend frei und nur unter Beachtung der eigenen Ziele und Interessen handeln zu können. Der persönliche Handlungsspielraum soll nicht mehr als notwendig durch Verpflichtungen eingeengt werden. Da bei amerikanischen Studenten dieser Handlungsspielraum aufgrund von Studium, Job und sozialen Engagements meist schon stark verplant und eingeschränkt ist, sind sie umso mehr bemüht, sich den bißchen verbleibenden Freiraum zu erhalten. Es hat folglich wenig Sinn, wenn man als Deutscher versucht, mit einem Amerikaner eine Sache langfristig zu planen und auf einen festen Termin zu beharren, da dieser die Zusage nie als so verbindlich ansehen wird und sie eventuell eben nicht einhalten wird, wenn ihm der Zeitpunkt nicht mehr so recht ins persönliche Konzept paßt. Am besten man macht erst relativ kurzfristig etwas aus und sichert dies dann kurz vorher noch einmal ab. ...

zu Antwort 3:

Nein, das Verhalten von Chris beruht nicht darauf, daß Amerikaner weniger Wert auf einen Zeitplan legen. Ganz im Gegenteil, bei Amerikanern ist die Zeit oft stark verplant und voll mit Aktivitäten. Das Nicht-Einlassen-Wollen auf eine feste Vereinbarung hängt nicht damit zusammen, daß man allgemein am liebsten auf so etwas wie Zeiteinteilung und -planung verzichtet, sondern hat einen anderen Hintergrund. Überlegen Sie welcher! ...

zu Antwort 4:

Für Amerikaner hat zwar Selbständigkeit und Unabhängigkeit einen hohen Wert, so daß Amerikaner besonders stolz auf das sind, was sie selbst geleistet und geschafft haben, und der "Jack-of-all-trades", der erfinderische Bastler und Heimwerker, immer noch Anerkennung erfährt. Dies bedeutet aber keineswegs, daß man seine Mitmenschen durch vorübergehende Hilfsverweigerung zur Selbständigkeit zu erziehen versucht. Nach Einstellung der Amerikaner ist es Sache des Einzelnen, was er aus sich und seinem Leben macht; man stellt sich nicht mir irgendwelchen erzieherischen Ansprüchen über ihn.
Wenn ein Amerikaner sieht, daß jemand Hilfe braucht, ist er in der Regel sofort zur Stelle und wartet meist sogar nicht erst darauf, bis der andere explizit um Hilfe bittet. ..."
 
 Homepage des Instituts für Interkulturelle Didaktik, e-mail: kflechs@gwdg.de


1 Zur besseren Vergleichbarkeit mit der Literatur wird der englische Begriff beibehalten.

2 Vgl. Albert, S. 189: "intercultural sensitizer".

3 Das Beispiel wurde einem Beispiel aus der Geschäftswelt nachempfunden, das bei Albert, S. 187, abgedruckt ist. Es wurde zur besseren Anschaulichkeit für den Kurs modifiziert. Die kurz umrissene Auflösung besteht darin, daß es in Brasilien üblich sei, sich wenigstens nach dem Ergehen des Freundes und seiner Familie zu erkundigen.

4 Diesen Begriff verwenden Müller/Thomas ab S. 7; er dürfte allgemein für die den Antwortreaktionen beigegebenen Informationen anwendbar sein.

5 Müller/Thomas, S. 8; Auslassung aus syntaktischen Gründen.

6 Vgl. Kulturstandards, Anm. 4; vgl. Porter/Samovar, S. 24-29, Albert, S. 187 f.

7 "Learning a foreign culture", in Sandhaas, S. 86.

8 Albert (S. 215 ff) zählt vierzehn verschiedene Assimilators auf, von denen sich drei mit inneramerikanischen Subkulturen beschäftigen (Black Assimilator und zwei Army Assimilators) und noch keiner mit einer Kommunikation, an der nicht Nordamerikaner als Lerner oder  Mitglieder der Zielkultur beteiligt sind, zu tun hat. - Müller/Thomas erwähnen (S. 9 f), daß es seit 1986 einen generellen Cultural Assimilator gibt.

9 Die folgende Übersicht stützt sich im wesentlichen auf Albert, S. 190-194, Müller/Thomas, S. 11, Dadder, S. 79 f.

10 "Experten" sind in diesem Zusammenhang Menschen, die sich gut in beiden Kulturen auskennen und über hinreichende Lebenserfahrung aus beiden Kulturen und hinreichendes Hintergrundwissen über die kulturellen Standards beider Kulturen verfügen, um Aussagen über die Kulturen kompetent treffen zu können.

11 Dadder, S. 79.

12 Vielleicht ist auch an ein Projekt gedacht, aus dem für beide möglichen Rollenverteilungen Assimilators erstellt werden sollen, dann muß die Entscheidung über die Rollenverteilung in dem Assimilator, der als nächster erstellt wird, spätestens am Ende des vierten Schrittes fallen.

13 "Literatur" meint hier Veröffentlichungen, die wesentliche Aussagen zu den beiden betroffenen Kulturen enthalten.

14 Der methodisch kritische Teil des Interviewer-Trainings etc. kann hier nicht ausführlich behandelt werden. Im mündlich gehaltenen Referat wird auf die Ausführungen Prof. Thomas´(Regensburg) bei der Ringvorlesung Interkulturelle Didaktik am Institut für Interkulturelle Didaktik der Georg-August-Universität, Göttingen, am 25. Mai 1992 zu diesem Problem verwiesen.

15 Die Darstellung ist weitgehend auf Albert, S. 212 f gestützt.

16 Vgl. Müller/Thomas, S. 12.