Infobriefe Wirtschaftsdeutsch Ausgabe 1998-9
INFOBRIEF WIRTSCHAFTSDEUTSCH: Eine Serviceleistung des INSTITUTS FÜR INTERNATIONALE KOMMUNIKATION (IIK Düsseldorf e.V.) im FORUM WIRTSCHAFTSDEUTSCH http://www.wirtschaftsdeutsch.de | ||
DÜSSELDORF, den 28.09.98 Ausgabe 9-1998
ÜBERBLICK |
Hallo
zusammen,
bleiben wir einmal vorläufig bei dieser Anrede, die dem ein oder anderen von Ihnen gefallen zu haben scheint. Jedenfalls gab es ein ganz reges Echo auf den letzten Infobrief 8-1998. Aber zunächst zum aktuellen Thema: Deutschland hat gewählt. Der neue Bundeskanzler heißt Gerhard Schröder und Helmut Kohl tritt nach 16-jähriger Regierungszeit ab. Das amtliche Endergebnis steht fest, doch das politische Tauziehen geht jetzt erst richtig los, nachdem es vorher vor allem darauf ankam, keine Wählergruppe zu verprellen. In den Koalitionsverhandlungen wird neben personalpolitischen Diskussionen die Wirtschafts- und Sozialpolitik eine wesentliche Rolle spielen. Wenn Sie auch unser E-DaF-Info mit allgemeinen Informationen zu Deutsch als Fremdsprache erhalten, haben Sie bereits eine Wahlsondernummer mit Linktips erhalten (Das E-DaF-Info können Sie zentral unter http://www.deutsch-als-fremdsprache.de/infodienst/abonnement/ abonnieren) Entsprechend unserer Spezialisierung haben wir hier ergänzend ein Unterrichtsdossier mit den besten Links zur wirtschaftlichen Programmatik verschiedener Parteien und gesellschaftlicher Interessengruppen zusammengestellt. Natürlich stehen die Vorstellungen der Wahlsieger dabei im Mittelpunkt. Weitere Themen sind Informationen zu „Logfiles“ und „Cookies“, ein Porträt des durchschnittlichen Nutzers unserer „Kommentierten Webliographie Wirtschaftsdeutsch“ die Erläuterung einer Anfrage zum neuen Handelsrecht, die Quizz-Auflösung aus der letzten Nummer und eine neue Diskussionsfrage an Sie, die Leserinnen und Leser. In einer der Zuschriften zur letzten Quizzfrage wurden wir freundlicherweise auf eine Falschinformation in unserem WWW-Firmenporträt der Firma SAP aufmerksam gemacht. Rüdiger Schmitt aus Erlangen schrieb: „Ich hoffe den letzten Infobrief haben nicht zu viele Mitarbeiter der SAP in Walldorf gelesen. Es ist schon schlimm wenn man die Badener mit Schwaben verwechselt. Ich bin aber sicher für Hessen lassen sie sich noch weniger gerne halten.“ Sie kennen sicherlich die Standardausrede des typischen Wirtschaftsdeutschlehrers, der sich keine Blöße geben will: „Ich wollte nur einmal testen, ob Sie aufpassen!“ Etwas perfider wäre es zu behaupten: Dies sei Absicht gewesen, um die Leser/innen des Infobriefes Wirtschaftsdeutsch aus der Reserve zu locken (was ja geklappt hat). Aber nein, die Realität ist banal: Wir sind NICHT perfekt! Ausflüchte wie: „Auch in der Nähe von Frankfurt gibt es ein Walldorf“ oder: „Unter den vielen Tausend Mitarbeitern der SAP sind auch Hessen, nutzen nichts. Weder kann unser geographisch weiter entfernter Standort bzw. der Geburtsort Frankfurt des Schuldigen als mildernder Umstand gelten, noch überzeugt die Tatsache, daß die drei deutschen Musterländle in Sachen Zukunftsindustrien – Baden-Württemberg, Bayern und Hessen – sooo dicht beieinander liegen. Also: Klopfen Sie uns nur immer schön auf die Finger, wenn wir Unfug erzählen; schreiben Sie aber auch mal was Aufmunterndes – danke das kommt in letzter Zeit reichlich – oder steuern Sie eine Unterrichtserfahrung, WWW-Tipp bei (da könnte es etwas besser aussehen)! Und noch was können Sie aus der Zuschrift von Rüdiger Schmitt
ersehen: Regionalgefühl spielt in Deutschland durchaus eine Rolle.
In Düsseldorf sind und bleiben wir „Nordlichter“, obwohl wir uns in
der Mitte der Bundesrepublik wähnen, was die Nord-Süd-Achse angeht.
Für uns liegt Frankfurt im tiefsten Süden, während von dort
gesehen Düsseldorf quasi an der Küste liegt. Da scheinen uns
Hessen, Badener, Schwaben, Bayern, Pfälzer alle als Süddeutsche.
Wie sagte schon Einstein? Alles ist relativ (oder so ähnlich).
Ihr Matthias Jung und Rüdiger Riechert |
Dossier:
Bundestagswahl und Wirtschaftspolitik
Die Bundestagswahl ist gelaufen, alle Zeichen deuten auf eine rot-grüne Koalition, obwohl die SPD rechnerisch auch mit zwei anderen Bundestagsparteien (CDU, FDP) eine Regierungsmehrheit hätte. Dieses Dossier sollten Sie auch für eine aktualitätsbezogene Unterrichtsstunde nutzen können, um mit fortgeschrittenen Lernerninnen und Lernern ein bißchen wirtschaftliche Landeskunde zu betreiben. In den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen wird die Wirtschafts- und Sozialpolitik eine entscheidende Rolle spielen. Und natürlich fragt man sich: Wird sich inhaltlich viel ändern oder werden nur die Personen ausgetauscht? Zum Einstieg empfehlen wir die Zusammenfassungen des STERN zu bestimmten Themen, in denen die Positionen der einzelnen Parteien kurz dargestellt werden. Unter diesen Wahldossiers sind naturgemäß eine ganze Reihe mit Wirtschaftsbezug, von „Arbeitslosigkeit“, über „Steuern“ bis hin zur Sozialpolitik. Natürlich findet man auf den Parteien-Sites (unter den naheliegenden Adressen, www.cdu.de, www.spd.de usw.) weitere Informationen. Nur bei der PDS funktioniert das nicht: Unter pds.de werden „Branchenlösungen für das Bauhauptgewerbe und Baunebengewerbe“ angeboten. Hier war wohl nur noch die Domain www.pds-online.de frei. Oft steht auf den Partei-Seiten auch nur Wahlwerbung von eher bescheidenem Anspruch, die bei SPD und CDU ganz auf die Kanzlerkandidaten Schröder und Kohl gemünzt war: Für Wirtschaftsdeutsch gibt das wenig her. Bei der SPD findet sich so ein Radiowahlspot http://www.spd.de/partei/ton/toene.htm zum Thema „Arbeit“. Inhalt und Anspruch nicht vorhanden, reine Effekthascherei, aber vielleicht deshalb als Einstieg für eine Diskussion über Arbeitslosigkeit, ihre Ursachen und Bekämpfungsmöglichkeiten didaktisch gut geeignet (RealPlayer erforderlich). Ganz brauchbar aufbereitet sind bei fast allen Bundestagsparteien die Grundsatz- bzw. Wahlprogramme, bei denen man aus einer Übersicht direkt an die wirtschaftsrelevanten Stellen springen kann (leider nicht bei der PDS). Druckt man sich die betreffenden Auszüge aus und stellt geeignete Passagen auf einem Blatt zusammen, kann man eine einfache Übungsidee realisieren: die richtige Zuordnung der einzelnen Programmauszüge zu den verschiedenen Parteien. Das funktioniert natürlich nur, wenn bereits allgemeine Kenntnisse über die deutsche Parteilandschaft vorhanden sind oder gemeinsam erarbeitet wurden und die Lerner einigermaßen fortgeschritten sind. Bei geringeren Deutschkenntnissen muß man sehr sorgfältig geeignete Textstücke auswählen. In der praktischen Übersicht über die Porgramme aller bei der Bundestagswahl zugelassenen Parteien finden sich auch die zahlreichen „Exotenparteien“, die keine Chance hatten, in den Bundestag zu kommen, aber die Wahl zur Selbstdarstellung nutzten. Möchten Sie bei Ihren Lernern Verwirrung auslösen, empfehlen wir Ihnen zur Auflockerung die Programme der „Exotenparteien“ unter die Wahlaussagen der etablierten Parteien zu mischen. Das Spektrum reicht hier von der Initiative „Rettet die DM“ (http://www.flamme.com/programm.htm) über die „Partei bibeltreuer Christen“ (http://www.pbc.de/grund/grund_2.htm#8-1), die in der oben genannten Übersicht seltsamerweise fehlt, bis hin zum Sponti-Programm der APPD (Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands), deren Wirtschaftsprogramm unter dem bezeichnenden Titel „Arbeit ist Scheiße“ steht (http://www.appd.de/news/index.html). Hier aber auch die direkten Links zu den Wahlprogrammen der im Parlament vertretenen Parteien, von denen aus Sie die Unterpunkte, die die Wirtschaft betreffen – meist mehrere – direkt anklicken können: http://www.spd.de/partei/programm.htm
Für die Koalitionsverhandlungen und die zukünftige Wirtschafts- und Sozialpolitik Deutschlands lassen sich hieraus gewisse Trends ableiten. Aber natürlich ist das meiste so allgemein formuliert, daß man nur wenig Konkretes findet. Deutliche Forderungen richten dagegen die Interessenverbände an die Parteien und die neue Regierung. Parteipolitische Neutralität wird dabei nur formal gewahrt. Die Gewerkschaften – am interessantesten sind die Sites des DGB als Dachorganisation (http://www.dgb.de/Kampagne/Start.html) bzw. der größten DGB-Einzelgewerkschaft (http://www.igmetall.de/aktuell/kampagne/broschuere/) – beziehen zwischen den Zeilen so eindeutig Position für die SPD wie dies umgekehrt der „Bund der deutschen Industrie“ (BDI) als Unternehmervertretung mit seinen „Wahlprüfsteinen“ (http://www.bdi-online.de/f001de.htm), nach denen er die einzelnen Parteien bewertet, für die CDU tut. Man kann sich als Hintergrund für die sicherlich nicht leichten Koalitionsverhandlungen auch speziellere Informationen besorgen. Zu Reizthemen wie „ökologische Steuerreform“ oder „Benzinpreis“, die im Wahkampf für einigen Wirbel sorgten, lassen sich bei einzelnen Parteien thematische Indexe, Archive und Suchfunktionen in Anspruch nehmen, die auch die Zahlreichen Presseerklärungen erfassen: http://www.spd.de/archiv/index.htm
Was gibt’s noch an didaktisch Nutzbarem? Gut sind sicherlich die – thematisch gegliederten – Diskussionsforen, die zwar alle „moderiert“ sind, aber auch penetrante Befürworter der Konkurrenzpartei zu Wort kommen lassen; das ist manchmal ganz amüsant. Vielleicht meldet sich der ein oder andere Lerner zu Wort bzw. Lernergruppen schreiben kleine Beiträge unmd freuen sich dann über Reaktionen? Es wären nicht die ersten Texte von Nicht-Muttersprachlern, die in den Diskussionsforen zu finden sind: http://www.spd.de/klartext/index.htm
So aber jetzt zum Wahlsieger Gerhard Schröder und der neuen Riege, die sich für Regierungsämter bereithält. Zu Schröders Schattenkabinett findet sich unter nicht nur ein Gruppenbild mit dem künftigen Kanzler, sondern auch Einzelporträts seiner Wunschminister/innen. Zu einer eigenen Homepage hat es dabei nur designierte Wirtschaftsminister Jost Stollmann gebracht, der als Quereinsteiger aus der Wirtschaft bereits im Vorfeld der Wahl innerhalb der SPD heftig umstritten war: Das Thema an einer unkonventionellen Person aufhängen, ist vielleicht für die Lernerinnen und Lerner attraktiver als die oft bewußt mehrdeutigen Parteiprogramme. Erste Stellungnahmen der Unternehmer und der Gewerkschaften zur Wahlentscheidung gibt der SPIEGEL wobei der Dateiname das zentrale Thema verrät (Achtung: Dieser aktuelle Link funktioniert evtl. in einer Woche nicht mehr!). Anonsten sind konkrete wirtschaftsbezogene Internet-Dossiers zur Wahl auch bei den Fachmagazinen bisher Fehlanzeige. Für gründlichere Hintergrundinformationen brauchen die Journalisten wohl noch den ein oder anderen Tag. |
Gibt es
noch Minderkaufleute?
Die am 1.7.1998 in Kraft getretene Reform des Handelsrechts – wir berichteten verschiedentlich davon – hat eine Reihe wichtiger terminologischer Konsequenzen und setzt ein gewisses Fachwissen voraus, das man als Wirtschafsdeutschlehrer zumindest im Umgang mit Fortgeschrittenen unbedingt braucht. Zum Beispiel gibt es die so diskriminiert klingenden „Minderkaufleute“ nicht mehr. Gregor Meyer fragt, was aus den Minderkaufleuten geworden ist. Sind sie durch das neue Gesetz automatisch „Vollkaufleute“ geworden? Kurz zum Hintergrund: Wir wollen uns nicht lange aufhalten mit der Erklärung der früher besonders komplizierten Bestimmungen in diesem Zusammenhang, die nun veraltet sind. Grundsätzlich beibehalten wurde aber die Trennung zwischen „Kaufleuten“, die im großen Stil wirtschaftlich handeln und sich strengere Auflagen gefallen lassen müssen, und einer Gruppe von Leuten, die nur ein „Kleingewerbe“ betreiben, wie etwa die Besitzerin eines kleinen Ladens oder der Eisverkäufer. Sie sind lediglich verpflichtet, ihre Einnahmen und Ausgaben fürs Finanzamt zwecks Steuerzahlung korrekt aufzulisten und sich wie jeder andere auch an die einschlägigen Bestimmungen des „Bürgerlichen Gesetzbuches“ (BGB) zu halten. Das neue Handelsrecht kennt nur noch Kaufleute und Nicht-Kaufleute. Wer einen Kleinbetrieb hat – und das Gesetz nennt eine Reihe von Kriterien, um einen Kleinbetrieb von einem „Handelsgewerbe“ zu unterscheiden, ist zunächst einmal Nicht-Kaufmann. Dagegen heißt es lapidar „Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt“ (auch hierfür werden Kriterien genannt). Kaufleute müssen im Handelsregister eingetragen werden. Daraus folgt, daß die alten „Minderkaufleute“ jetzt alle „Nicht-Kaufleute“ sind. Sie haben aber die Möglichkeit, sich freiwillig ins Handelsregister aufnehmen zu lassen und erhalten dann die Rechte und Pflichten eines Kaufmanns. Statt dem „Bürgerlichen Gesetzbuch“ (BGB) gelten für sie dann die strengeren Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (HGB). Im Internet gibt es mittlerweile eine Reihe von Informationen zu den wichtigsten HGB-Änderungen seit dem 1.7.1998 und die Neufassung des Kaufmann-Begriffs gehört unzweifelhaft dazu. Leider stammen die meisten WWW-Seiten von Juristen und gehen sehr ins Detail. Wir haben vier Links für Sie ausgewählt: Relativ kurz und übersichtlich ist: während durch Beispiele etwas anschaulicher wird. Noch tiefer in die Materie steigen ein; letzteres Angebot ist ziemlich umfangreich (87k) und erschöpfend vollständig. Jetzt haben wir nur noch eine Frage: Wie steht’s mit den „eingetragenen
Vereinen“ (e.V.) wie das Institut für Internationale Kommunikation
Düsseldorf (IIK) einer ist? Ist dessen Geschäftsführer nun
Kaufmann oder nicht? Wir werden uns mal an die Fachberatung Wirtschaftsdeutsch
unter wenden! ;-). |
Diskussion:
Sollen Nicht-Kaufleute freiwillig zu Kaufleuten werden?
Die heutigen Quizzfrage bezieht sich auf die obige Diskussion zu den ausgestorbenen „Minderkaufleuten“. Welche Vorteile könnte es für eine Ex-Minderkaufmann/-frau und jetzt Nicht-Kaufmann/-frau haben, sich per Eintrag ins Handelregister selbst zur Kaufperson zu befördern? Denn damit sind zunächst einmal eine Reihe von strengeren Auflagen und lästigen Pflichten verbunden. Es wäre doch – außer fürs Ego vielleicht – viel günstiger, Nicht-Kaufmann zu bleiben, oder? Diesmal stellen wir keine kleine Überraschung in Aussicht, auch keine Freiabos des Infobriefes Wirtschaftsdeutsch. Aber immerhin: Alle Einsender/innen mit substantiellen Beiträgen qualifizieren sich für die Bewerbungsrunde zu den Wirtschaftsdeutsch-Stipendien des IIK-Düsseldorf (Infos über http://www.wirtschaftsdeutsch.de) Schreiben Sie einfach dazu, ob Sie mit Ihrem Beitrag bei der Stipendienvergabe mitmachen wollen. |
||
Vorschau auf die nächsten
Infobriefe
Haben Sie bestimmte Themenwünsche oder Vorschläge? Möchten
Sie etwas mitteilen? Wollen Sie vielleicht einen interessanten Unterrichtstip
loswerden? Bitte melden! Ihre Hinweise und Informationen, die wir aufnehmen
sollen, bitte bis 10.10.98, 24:00h an einschicken. Danke! |
Impressum
HERAUSGEBER KONTAKT |